Noch im letzten Jahr musste ich von der Markenverantwortlichen einer großen österreichischen Bank folgenden Satz hören:
Wissen Sie, unsere Marke hat für uns eine eher untergeordnete Bedeutung.
Aus Gründen der Fairness will ich jetzt den Namen der Bank nicht nennen – die Situation ist aber symptomatisch. Ein Vorstand des Instituts, mit dem ich diese Thema auch besprach, meinte fassunglos:
Was haben wir denn überhaupt außer unserem Namen?
Gerade bei Banken ist recht klar erkennbar, was eine Marke leistet:
- Wettbewerb über die Konditionen ist für Banken schwierig und bringt praktisch keinerlei längerfristigen Wettbewerbsvorteil.
- Die Marke ist daher als die Summe all jener Dinge, die das Institut unterscheidbar macht, der zentrale Differentiator. Es beginnt mit dem Logo: Gibelkreuz; Posthorn usw.
- Wir vertrauen auf den Namen einer Bank. Und geben unser Geld her … im Vertrauen, dass es dort klug veranlagt ist. Und wir es auch jederzeit wieder bekommen.
- Wir holen uns Tipps für den Umgang mit unserem Vermögen und vertrauen dabei auf die Kompetenz unserer Ansprechpartner, aber auch des Instituts als Ganzes. Man hört’s schon durch: Vertrauen ist hier ein Schlüsselwort.
- Wir unterstellen den einzelnen Mitarbeitern der Bank, „so wie die Marke“ zu sein. Was immer sich da bei uns im Kopf festgesetzt hat. Jedenfalls färbt dieses Vertrauen auf die Mitarbeiter ab. Die Banken bemühen sich auch nach Kräften, derartige Werte in den Köpfen der Mitarbeiter zu verankern.
- Meistens sind wir selbst ein bischen so wie die Marke, die wir kaufen … oder würden es zumindest gerne sein oder werden!
- Diese Kern-Werte der Marke sorgen daher dafür, dass sich manche Institute schlüssiger und homogener präsentieren während andere … naja, Marktanteile verlieren.
Ein paar Schwierigkeiten, mit denen Banken zu kämpfen haben:
- Ein derartiges Markenbild braucht lange, um in den Köpfen der Menschen verankert zu werden.
- Nur weil Menschen wissen, dass irgendwer besonders ist, kaufen sie gerade bei einer sensiblen Dienstleistung wie den financial services noch lange nicht!
- Gerade bei Zusammenschlüssen von Unternehmen prallen Kulturen aufeinander, die wenig Gemeinsamkeiten haben. Legendär und unterhaltsam (für Außenstehende) war hier etwa die Geschichte, die mit Z und Länderbank begann … und seitdem für die Mitarbeiter im Institut nicht leichter geworden ist.
- Spätestens dann, wenn Institute eine wirklich internationale Marke etablieren wollen, werden die Herausforderungen an die Markenführung noch größer. UBS versucht es mit „local knowledge“, BNP Paribas will über’s Sponsoring (Tennis) bekannt und mit guten Werten aufgeladen werden … die Deutsche Bank ist besonders professionell, während es Dresdner und Commerz jetzt mit gut gemeinter traditioneller Provinzialität versuchen wollen …
Und noch ein paar kuriose Überlegungen:
- Nur einer kann der Billigste sein (niedrigste Zinsen + Gebühren) oder die höchsten Haben – Zinsen zahlen. Wir alle wollen ja nicht inkompetent handeln – deshalb gibt es nur mehr ein Institut, oder? Nein, im Gegenteil: der immaterielle Mehrwert, der für uns entscheidend ist, entsteht eben durch die Marke!
- Statistisch haben wir heute eine längere Beziehung zu unserem Bankbetreuer und zum Versicherungsvertreter als zu unserem Lebenspartner – bitte nicht persönlich nehmen, auch das sagt aber etwas über Loyalitäten und Vertrauen aus ;-)!